Wie wird Qualitätssicherung künftig funktionieren?

INTERVIEW: WIE WIRD QUALITÄTSSICHERUNG KÜNFTIG FUNKTIONIEREN?

Marktentwicklung, Herausforderungen und Möglichkeiten im Hinblick auf E-Mobilität und Additive Fertigung.

Der Markt entwickelt sich rasant und bringt neue Anforderungen mit sich, aber auch neue technologische Möglichkeiten. Gerade auch für alle Bereiche der Qualitätsanalyse. Wie reagiert die Firma ZEISS als Hersteller auf diese Entwicklungen? Und wie stellt die Firma Quality Analysis als Dienstleister ihre Weichen in Richtung Zukunft?

Wir sprechen mit Dr. Robert Zarnetta von der Carl Zeiss Industrielle Messtechnik GmbH und Josef Faigle von Quality Analysis GmbH. Dr. Zarnetta ist verantwortlich für industrielle Mikroskopieanwendungen beim ZEISS Unternehmensbereich Industrial Quality Solutions, Herr Faigle gehört zu den beiden Unternehmensgründern, Inhabern und Geschäftsführern von Quality Analysis.

 

Dr. Robert Zarnetta
Carl Zeiss Industrielle Messtechnik GmbH

Josef Faigle
Quality Analysis GmbH

 

Marktentwicklung

Wie sehen Sie die aktuelle Marktentwicklung? Welche Branchen und technologischen Schwerpunkte werden für die Zukunft entscheidend sein? Wie entwickelt sich die Qualitätssicherung im Hinblick auf diese Branchen weiter? Welche neuen Analysemethoden gewinnen an Gewicht?

Antwort Dr. Robert Zarnetta
„ZEISS als globales Unternehmen mit den Kernmärkten Deutschland, USA und China steht im Direktkundengeschäft mit Industriekunden aktuell einigen Herausforderungen gegenüber. Gestützt durch die Megatrends wie Urbanisierung, Digitalisierung und „Die alternde Gesellschaft“ sind z.B. neue Mobilitätskonzepte gefragt, die Integration von Sensoren und Vernetzung steigt und der Medizintechnikmarkt wächst. Die neuen Mobilitätskonzepte verändern gerade die Automobil-, aber auch die Luftfahrtindustrie, wobei z.B. die Integration von Batterien für das emissionsfreie Fortbewegen oder die Integration von zahlreichen Sensoren fürs autonome Fahren und Fliegen die Grenzen zwischen moderner Elektronikfertigung und Automobilfertigung verschwimmen lassen. Die Medizintechnik wird ebenfalls durch die Integration von Sensorik und Elektronik sowie durch Miniaturisierung getrieben. Allen Industrien ist zudem gemein, dass der Kunden immer mehr kundenspezifische, individualisierte Lösung verlangt, was die Komplexität für die Unternehmen erhöht und auch Fertigungstrends wie „Additive Manufacturing“ stärkt. Diese ermöglicht völlig neue Freiheitsgrade bei der Herstellung von Produkten in allen genannten Industrien.

Qualitätssicherung wird in diesem Zusammenhang immer wichtiger, denn während massenhaft Elektronik, Displays und Sensoren verbaut werden, muss eine lückenlose Qualitätssicherung erfolgen, da diese zum Teil sicherheitsrelevante Aufgaben übernehmen. Gleichzeitig werden mittels additiver Fertigung Kleinserien und Einzelteile gebaut, die genauso zuverlässig ihre Funktion erfüllen sollen, auch wenn sie individuellen Designs folgen. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, wird es in Zukunft nicht reichen, individuelle Qualitätsmerkmale zu prüfen, sondern es wird darum gehen, den Prozess an sich zu verstehen und zu kontrollieren.“

Antwort Josef Faigle
„E-Mobility und Additive Manufacturing sind zwei Themen, die schon jetzt mehr als Trends für uns und unsere Kunden sind. Sie sind für unsere Kunden sehr wichtig und bedeuten damit auch für uns neue Herausforderungen für unser Dienstleistungsportfolio. Denn diese aktuellen Anforderungen sind mit herkömmlichen Methoden der Qualitätssicherung nicht zu erfüllen. Sie erfordern neue Denk- und Sichtweisen sowie komplexere Analysesysteme mit noch höherer Auflösung. Die Antwort lautet also: Ein ganzheitlicher, integrierter Ansatz ist die Lösung, um den deutlich gestiegenen Informationsbedarf zu erfüllen. Statt einer einzelnen Qualitätsprüfung steht die gesamte Analysekette im Fokus, von der taktilen Messtechnik bis hin zur Röntgenmikroskopie, Rasterelektronen-Mikroskopie, Partikelanalyse und chemischen Analytik. Denn um die neuen Prozesse wirklich zu verstehen und zu verändern, ist gerade dieser tiefe, facettenreiche Blick ins Innere mit hoher Analysen- und Informationstiefe notwendig.“

Korrelative Workflows

Was genau ist ein korrelativer Workflow? Welchen Mehrwert hat er für den Kunden? Was muss sich ein Anwender konkret darunter vorstellen und was bedeutet das für die Informationen und Ergebnisse, die er durch den korrelativen Workflow erhält?

Antwort Dr. Robert Zarnetta
„Wie gesagt lässt sich Korrelation auch mit Verknüpfung von Daten beschreiben. Die Verknüpfung ist immer dann sinnvoll, wenn 1 + 1 > 2 ergibt, d.h. wenn die Informationen aus der ersten und zweiten Analyse uns etwas Neues über die Qualität des Bauteils verraten. So kann ein Lichtmikroskop eine Verunreinigung auf einer Oberfläche sichtbar machen und ein Elektronenmikroskop kann analysieren, worum es sich bei der Verunreinigung handelt, so dass die Ursache der Verunreinigung ermittelt werden kann. Das kleine Geheimnis der Verknüpfung der Daten besteht nun aber darin, in beiden Systemen die exakt gleiche Stelle wieder zu analysieren – d.h. die gleiche Stelle erneut zu finden, obwohl alles ganz anders aussieht –, denn nur dann lassen sich die Daten sinnvoll korrelieren. ZEISS als Gesamtportfolioanbieter bietet eine umfassende Softwarelösung zur Erstellung und Visulisierung von korrelativen 2D- und 3D-Daten, so dass schnelle und belastbare Analysen möglich sind.“

Antwort Josef Faigle
„Es wird künftig unerlässlich sein, die Vorzüge einzelner Analysen und Technologien zu kombinieren und sie entlang der Analysekette sinnvoll und effizient einzusetzen. Das bezeichnen wir als ‚korrelativen Workflow‘. Den künftigen Erfolg bringen die gezielte Abarbeitung und Verknüpfung hochwertiger Analysesysteme auf Basis komplexer digitaler Daten, die überwiegend in 3D vorliegen. Einzelne Analysen bloß zu summieren, birgt gegenüber diesem Verfahren einen Effizienz- und Datenverlust. Mit der erwähnten Verknüpfung können wir von CT-Daten im Makrobereich einfach auf CT-Daten im Nanobereich (bis ca. 70 nm Auflösung) übergehen und für weitere innere Analysen im 3D-Bereich auch mit dem Rasterelektronenmikroskop FIB SEM (bis ca. 3nm Auflösung) analysieren.
Ein weiteres Beispiel: Mit der Kombination von taktiler und optischer Messtechnik in Verbindung mit Computertomographie kombinieren wir alle Vorzüge der Methoden und eliminieren gleichzeitig mögliche Nachteile. In Zukunft werden uns viele Kombinationsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Am Ende profitieren unsere Kunden von schnelleren Ergebnissen, da wir auf effizientere Methoden und eine bessere und aussagekräftigere Datenbasis zurückgreifen können.
Das bedeutet im Klartext: ein echter Mehrwert in Form eines Informationsvorsprungs mit präziseren und belastbareren Ergebnissen.“

Marktdurchdringung

Welche Herausforderungen gibt es für ZEISS im Hinblick auf die weltweite Marktdurchdringung für diese komplexen neuen Systeme und Technologien, die nun als neuer Standard implementiert werden müssen? Welche Bedeutung haben in dieser Hinsicht eigene Demo-Häuser, aber auch Kooperationspartner wie die Quality Analysis im Bereich Technologiezentrum Süd-West?

Antwort Dr. Robert Zarnetta
„Die größte Herausforderung ist es, den Nutzen der korrelativen Mikroskopie für unsere Kunden erlebbar zu machen. Da der Nutzen maßgeblich vom Prozess des Kunden abhängt, ist es für uns als ZEISS in unseren globalen Demo- und Quality Excellence Centern (Dienstleistungszentren) manchmal sehr schwierig, diese Welt adäquat abzubilden. Während in den ZEISS Quality Excellence Centern meist klare Messaufgaben im Vordergrund stehen, ist im Demo-Alltag das Aufzeigen der grundsätzlichen Fähigkeiten möglich, aber nicht die Erprobung entlang der Kundenprozesse. Daher sind wir auf der Suche nach Kunden wie Quality Analysis, die die komplexe Welt unserer Kunden kennen und die Möglichkeiten für deren Fragestellungen einsetzt und so die Vorteile sichtbar macht.“

Antwort Josef Faigle
„Gerade in Bezug auf korrelative Workflows und komplexe Qualitätssicherung wird sehr viel Grundlagen-Information und praktische Anwendung erforderlich sein. ZEISS hat hierzu eigene interne industrielle Applikations-Zentren, nutzt aber auch die umfassende Plattform von Quality Analysis als Kooperationspartner für Themen wie ganzheitliche Qualitätssicherung oder Bandbreite aller Messaufgaben von taktiler Messtechnik bis hin zur Röntgenmikroskopie. Dabei haben wir das gleiche Ziel, nämlich komplexe Analysemöglichkeiten für den Markt zugänglich zu machen – als Systemanbieter ZEISS ebenso wie als Dienstleister Quality Analysis. Es gibt weltweit nur wenige Dienstleistungszentren oder Anwender dieser neuen und umfassenden Analysetechnologien, die so eine Tiefe, Breite und Dynamik wie bei Quality Analysis anbieten und tagtäglich in der Komplexität anwenden. Die meisten gängigen Industriezweige wie Motoren- und Getriebebau, Fahrwerk und sonstige Applikationen, Elektro- und Kunststoffindustrie, Leiterplatten und Steuerungsmodule, E-Mobility, Additive Manufacturing, Chemie, Pharma und Medizintechnik gehören zu unseren Kunden. Dies macht uns zu einem vielseitigen Spezialisten, der die Analysesysteme tagtäglich fordert und bis an die Grenzen austestet. Immer mit dem Anspruch, als kompetenter und verlässlicher Partner Bestehendes effizient einzusetzen und Verbesserungen und Optimierungen zu finden.“

 

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