VDA 19.1 & ISO 16232
Verunreinigungen an Bauteilen können schwere Schäden verursachen und die Funktionalität sowie Zuverlässigkeit kritischer Systeme, z.B. in der Automobilindustrie, beeinträchtigen. Um Probleme durch Partikelverunreinigungen an funktionsrelevanten Automobilkomponenten zu verhindern, wurde in Deutschland im Jahr 2004 die VDA 19 veröffentlicht, die heute in der Version VDA 19.1. gültig ist.
Inhaltsverzeichnis
- VDA 19.1 und ISO 16232 kurz erklärt
- Wozu braucht man die VDA 19.1 und ISO 16232?
- Welchen Anwendungsbereich haben die Normen?
- Die Entwicklung der Normenwerke: Revision von VDA 19 und ISO 16232 2007
- VDA 19.1 und ISO 16232 zur Restschmutzanalyse bei Quality Analysis
- ISO 16232 und VDA 19.1 – grundlegende Methoden und Verfahren
- VDA 19.1 und ISO 16232 kurz zusammengefasst
VDA 19.1 und ISO 16232 kurz erklärt
VDA 19.1 und ISO 16232 sind zentrale Regelwerke und Normen, die dazu dienen, die technische Sauberkeit von Bauteilen und Baugruppen in der Automobilindustrie sicherzustellen. Während die VDA 19.1 vom Verband der Automobilindustrie herausgegeben wurde und ein deutsches Regelwerk ist, handelt es sich bei der ISO 16232 um ihr internationales Pendant. Inhaltlich decken beide Normen exakt dasselbe Normenwerk ab und sind dementsprechend hinsichtlich Methoden und Prozessen vergleichbar.
Wozu braucht man die VDA 19.1 und ISO 16232?
Um die Jahrtausendwende führten die technischen Entwicklungen in der Automobilbranche dazu, dass es vermehrt zu Schäden aufgrund von Restschmutz gekommen ist. Das betraf etwa Anti-Blockier-Systeme oder Direkteinspritzsysteme in Dieselfahrzeugen. Diese empfindlichen Systeme reagieren auf kleinste Verunreinigungen mit Funktionsstörungen, erhöhtem Verschleiß und im schlimmsten Fall mit Totalausfall. Daraus entstand der Bedarf nach standardisierten Vorgaben für die saubere Fertigung und den Nachweis der Einhaltung der erforderlichen Sauberkeitsstandards.
Standardisierte Normen zur Sicherstellung der technischen Sauberkeit
Aus diesem Bedarf heraus wurden die VDA 19.1 und die ISO 16232 als Normen für das Qualitätswesen der Automobilindustrie entwickelt. Sie bieten detaillierte Richtlinien für die technische Sauberkeitsprüfung, die sich auf die Menge der Verunreinigung, die Partikelgröße und die Bedingungen, unter denen Bauteile hergestellt und geprüft werden, konzentrieren.
Durch die Standardisierung dieser Prüfprozesse wird eine hohe Bauteilqualität sichergestellt. Das bringt mehrere Vorteile mit sich: So gewährleisten die Normen zum einen, dass die Prüfungen nach einem hohen Standard mit präzisen und konsistenten Ergebnissen erfolgen. Zum anderen helfen sie dabei, das Risiko von Fehlern und Reklamationen zu verringern, indem sie klare Richtlinien und Kriterien für die Sauberkeitsprüfung vorgeben.
Welchen Anwendungsbereich haben die Normen?
Das Regelwerk VDA 19.1 und die Norm ISO 16232 finden in der Automobilindustrie und in vielen anderen Branchen Anwendung. Primär werden die Prüfprozesse in der deutschen Automobilindustrie angewendet, um die Sauberkeit von Bauteilen sicherzustellen und deren Zuverlässigkeit zu gewährleisten.
Einsatz der Normen in verschiedenen Branchen
Die VDA 19.1 wird außer in der Automobilbranche häufig auch in anderen Branchen angewandt, die ähnlich hohe Anforderungen an die technische Sauberkeit stellen, beispielsweise in der Luft- und Raumfahrtindustrie und der Medizintechnik.
Die ISO 16232 ist international ausgerichtet und wird weltweit in der Automobilindustrie genutzt. Sie legt die Sauberkeitsanforderungen für Komponenten und Systeme in Straßenfahrzeugen fest und ist wie die VDA 19.1 auch in anderen Industriebereichen anwendbar, die vergleichbare Anforderungen an die Reinheit von Bauteilen und Systemen stellen.
Typische Anwendungsbereiche für beide Normen sind die Erstinspektion und Bewertung neuer Bauteile, die Kontrolle eingehender und ausgehender Komponenten, sowie die Qualitätskontrolle und Überwachung sauberkeitsrelevanter Fertigungsprozesse wie Reinigungs-, Oberflächenbehandlungs- und Montageprozesse.
VDA 19.1 und ISO 16232: Konkrete Anwendungsbeispiele
Die Normen VDA 19.1 und ISO 16232 finden in verschiedenen Bereichen der Automobilindustrie konkrete Anwendung. Dazu gehört die Prüfung der Sauberkeit von Bauteilen wie Motorenkomponenten, Getriebeteilen, Kraftstoffsystemen und Hydrauliksystemen u.v.m. Eine saubere Fertigung dieser Teile ist entscheidend, um ihre Funktionalität und Lebensdauer sicherzustellen. Zudem können auch Flüssigkeiten wie Kraftstoffe, Schmierstoffe und Kühlmittel auf Verunreinigungen geprüft werden. Auch die Reinheit von Umgebungen wie Produktionsanlagen, Montagebereiche und Reinräume kann nach Norm überwacht werden.
Die Entwicklung der Normenwerke: Revision von VDA 19 und ISO 16232 2007
Die ursprüngliche VDA 19 und die ISO 16232 wurden erstmals eingeführt, um einheitliche Standards für die Bewertung und Kontrolle von Partikelkontaminationen zu etablieren. Seither haben beide Normen Revisionen durchlaufen, die darauf abzielen, die Vorgaben an den neuesten Stand der Technik anzupassen und die Anforderungen der Automobilindustrie besser zu erfüllen.
Einführung neuer Partikelgrößenklassen und Parameter für Abklingkurven
Zu den wesentlichen Entwicklungen gehören die Einführung neuer Partikelgrößenklassen. Ursprünglich konzentrierten sich die Normen auf kleinere Partikelgrößen, doch die Revisionen erweiterten diese Klassifikationen, um Partikelgrößen bis zu 3000 µm abzudecken. Das ermöglicht eine umfassendere Analyse und Berichterstattung über größere Partikel, die ebenfalls erhebliche Auswirkungen auf die Funktionalität und Zuverlässigkeit von Bauteilen haben können. Zudem wurden Startparameter für Abklingkurven definiert, die entscheidend sind, um die Extraktionseffizienz zu maximieren und konsistente Ergebnisse bei der Partikelgewinnung zu erzielen.
Spezifizierung des Faserkriteriums und Erweiterung zulässiger Extraktions- und Analyseverfahren
In der ursprünglichen Norm waren die Kriterien für die Bewertung von Fasern weniger detailliert, was zu Unsicherheiten bei der Analyse führen konnte. Das überarbeitete Regelwerk spezifiziert nun klare Kriterien für die Identifikation und Bewertung von Fasern, wodurch die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der Analysen gesteigert wurden. Zusätzlich wurden weitere zulässige Extraktions- und Analyseverfahren eingeführt. Diese neuen Verfahren bieten mehr Flexibilität und ermöglichen es den Anwendern, die für ihre spezifischen Anforderungen am besten geeigneten Methoden auszuwählen.
Zu den neuen Verfahren gehören die lichtoptische Partikelhöhenbestimmung, die RAMAN- und FTIR-Spektroskopie sowie die Mikro-Computertomographie. Diese Verfahren erweitern die Möglichkeiten zur Analyse und Bewertung von Partikeln erheblich und tragen dazu bei, die Ursachen von Kontaminationen besser zu verstehen und gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Sauberkeit zu entwickeln.
VDA 19.1 und ISO 16232 zur Restschmutzanalyse
bei Quality Analysis
In unseren Laboren untersuchen wir sowohl funktionsrelevante Kleinstbauteile von wenigen Millimetern Größe als auch ganze Baugruppen und Systeme mit einem Gewicht von bis zu 2.000 Kilogramm. Mit unseren umfangreichen Analysemethoden garantieren wir Ihnen bei der Restschmutzanalyse höchste Qualität und Zuverlässigkeit. Außerdem unterstützen wir Sie durch Auswertung von Partikelfallen und -stempeln beim Umgebungsmonitoring und der Montagesauberkeit.
- Analysen nach VDA 19/19.1, ISO 16232 sowie nach zahlreichen Kundennormen und -spezifikationen
- Partikelgewinnung mittels Spritzen, Fluten, Spülen, Schütteln, Saugen und Ultraschall
- Reinraum der Klasse 8 nach ISO 14644 für höchste Reinheitsstandards
- Nach DIN EN ISO/IEC 17025 akkreditiertes Prüflabor für technische Sauberkeit
ISO 16232 und VDA 19.1 – grundlegende Methoden und Verfahren
Die Normen ISO 16232 und VDA 19.1 bieten detaillierte Anweisungen für die Durchführung von Sauberkeitsprüfungen, die entscheidend für die Sicherstellung der technischen Sauberkeit in der Automobilindustrie und anderen Branchen sind. Diese Normen umfassen verschiedene Methoden zur Gewinnung und Analyse von Partikeln, die in mehreren Schritten durchgeführt werden. So werden die Präzision und Zuverlässigkeit der Ergebnisse sichergestellt.
Methoden zur Partikelgewinnung gemäß ISO 16232 und VDA 19.1
Die Partikelgewinnung von Bauteiloberflächen auf Filtermembranen ist der erste Schritt in der Sauberkeitsprüfung. Die Normen beschreiben mehrere Methoden dafür:

1
Spritzen
Bei der Spritzmethode wird ein lösungsmittelbasiertes Reinigungsmedium oder eine wässrige Lösung über die Bauteiloberfläche gespritzt, um Partikel zu lösen. Diese Methode ist besonders effektiv bei der Entfernung von lose haftenden Partikeln.

2
Spülen
Ähnlich wie beim Spritzen wird beim Spülen das Medium über die Oberfläche oder die Kanäle und Hohlräume des Bauteils geleitet, was sich gut für die Gewinnung von Partikeln in schwer zugänglichen Bereichen eignet.

3
Ultraschall
Beim Ultraschallverfahren wird das Bauteil in ein Ultraschallbad mit Lösungsmittel gegeben. Die Ultraschallwellen lösen die Partikel von der Oberfläche und von inneren Hohlräumen ab. Diese Methode ist sehr wirksam bei fest haftenden Partikeln.

4
Schütteln
Für das Schütteln wird das Objekt mit Prüfflüssigkeit befüllt, fest verschlossen und in einem Shaker oszillierend bewegt. Auf diese Weise werden Partikel von den inne liegenden Kontrollflächen gelöst und in die Flüssigkeit übertragen. Auch Schattenzonen oder Hinterschneidungen werden so erreichbar.

5
Saugen
Bei der Luftextraktion in der ESD-Schutzzone werden Bauteile manuell oder robotergesteuert abgesaugt. Der Vorteil: Die Partikelgewinnung gelingt ohne Zufuhr von Flüssigkeit – ein Vorteil für bestimmte, sensible Bauteile, etwa für Luftfilter und elektronische Bauteile zur Wiederverwendung.
Techniken zur Partikelanalyse nach ISO 16232 und VDA 19.1

1
Gravimetrie
Die Gravimetrie ist eine Methode zur Bestimmung der Gesamtmasse der auf einem Filter gesammelten Partikel. Dazu wird das Gewicht der verwendeten Filtermembran gemessen, um so einen Überblick über die Gesamtmenge der Verunreinigungen zu erlangen.

2
Modernste Mikroskopieverfahren
Mittels Auflichtmikroskopie werden die Partikel auf der Filtermembrane sichtbar gemacht und automatisch nach Größe und Glanzgrad klassifiziert. Die Unterscheidung des Glanzgrades erfolgt in „metallisch glänzend“, „nicht metallisch glänzend“ und „Fasern“.

3
Weiterführende Untersuchungen
Um die Partikel genauer zu untersuchen, greift man auf erweiterte Analysemethoden zurück. Die Rasterelektronenmikroskopie mit EDX (REM-EDX) ermöglicht eine hochauflösende Betrachtung der Partikeloberfläche und -struktur und wird verwendet, um die Form, Größe und Zusammensetzung der Partikel zu analysieren. RAMAN-Spektroskopie und FT-IR-Spektroskopie sind Methoden zur chemischen Analyse der Partikel. Sie helfen, die Materialzusammensetzung der Partikel zu bestimmen und Hinweise auf die Herkunft der Verunreinigungen zu geben.
VDA 19.1 und ISO 16232 kurz zusammengefasst
Die Normen VDA 19.1 und ISO 16232 sind zentrale Richtlinien zur Sicherstellung der technischen Sauberkeit in der Automobilindustrie. Sie bieten detaillierte Anweisungen für die Partikelgewinnung und -analyse, um die Funktionalität und Zuverlässigkeit von Bauteilen zu gewährleisten. Ursprünglich 2004 eingeführt und 2007 überarbeitet, umfassen die Normen neue Partikelgrößenklassen, Startparameter für Abklingkurven und erweiterte Extraktions- und Analyseverfahren. Diese Standards werden weltweit in der Automobilindustrie und anderen Branchen angewendet, um ein hohes Qualitätsniveau und höchstmögliche Sicherheit von Komponenten und Bauteilen zu garantieren.
